ESG-Management - aktuell


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Nachhaltigkeit vs. Wettbewerb?


Um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken, hat die EU-Kommission am 26. Februar 2025 einen Vorschlag zur Überarbeitung der CSRD, der CS3D, der Taxonomie-Verordnung und des CBAM präsentiert – die sogenannte Omnibus-Initiative. Hintergrund: Global betrachtet gibt es kein Level Playing Field. Auf internationalem Parkett gelten unterschiedliche Nachhaltigkeitsniveaus und somit auch Anforderungen. Diesen vermeintlichen Wettbewerbsnachteil will die Kommission ausgleichen.


Compliance Betrachtung


Zu berücksichten ist dabei: Die Kommission möchte Änderungen an einer Richtlinie vornehmen, die zahlreiche Mitgliedsstaaten (8 bis dato insgesamt - CSRD Transposition), so auch Deutschland, bislang noch nicht in nationales Gesetz umgesetzt haben (Stichtag war der 6. Juli 2024).

 

Die Europäische Kommission hat daraufhin am 26. September 2024 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und 16 weitere Mitgliedstaaten eingeleitet. Bereits am 6. Dezember 2023 hat Frankreich als erstes europäisches Land die neue Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Der aktuelle Umsetzungsstand kann im EU-Rechtsportal EUR-Lex eingesehen werden (Richtlinie - 2022/2464 - EUR-Lex).



Folgen für Unternehmen?


Die verspätete, bzw. noch nicht finale Umsetzung (Referentenentwurf) Deutschlands hat jedoch nicht zur Folge, dass Unternehmen unmittelbar aus der CSRD-Richtlinie der EU verpflichtet wären, einen CSRD-Bericht zu erstellen und zu veröffentlichen. Für deutsche Unternehmen ist der aktuelle Rechtsstand ausschlaggebend. Bedeutet: Es gilt die NFRD!

 

Zu diesem Ergebnis kommt auch ein vom Institut der deutschen Wirtschaftsprüfer (IDW) in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zu möglichen Konsequenzen aufgrund der verzögerten Umsetzung der CSRD: „Sollte das CSRD-Umsetzungsgesetz (CSRD-UmsG) nicht bis zum 31. Dezember 2024 in Kraft treten, gelten weiterhin die bisherigen Anforderungen aus dem aktuellen Rechtsrahmen…“



Same procedure as every year...


Kapitalmarktorientierte Unternehmen, große Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten im Jahresdurchschnitt, sind also auch für das Geschäftsjahr 2024 verpflichtet, eine nichtfinanzielle Erklärung gemäß den geltenden Vorschriften des HGB abzugeben.
Dabei ist zu beachten, dass diese Berichte keiner externen Prüfungspflicht unterliegen. Die Abschlussprüfer sind nachwievor lediglich verpflichtet sich formal formell von der Existenz des nichtfinanziellen Berichts zu vergewissern, (§ 317 Abs. 2 HGB); nicht jedoch diesen inhaltlich zu überprüfen. Die materielle Prüfungspflicht für den Aufsichtsrat aus § 171, Abs. 1 AktG bleibt davon unberührt.

Verfassen einer nichtfinanzielle Erklärung gemäß NFRD bleibt obligatorisch



Freiwilliger Bericht?


Unternehmen sollten es dennoch nicht versäumen, angesichts des rechtlichen Vakuums und der damit korrespondierenden Unsicherheit, jetzt schon präventive Überlegungen anzustellen. Zu klären wäre etwa die Frage, ob Unternehmen freiwillig einen umfassenden Bericht gemäß den europäischen Berichtsstandards für Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) – konkret der Delegierten Verordnung (EU) 2023/2772 vom 31. Juli 2023 – anfertigen und prüfen lassen sollten, um ihre Tochtergesellschaften im Ausland von der Berichtspflicht zu befreien.


Ohne einen zentralen freiwilligen CSRD-Bericht (konsolidierter Bericht) wären  Tochterunternehmen (als Rechtsadressaten) in jenen Ländern, welche die neuen CSRD-Regelungen bereits umgesetzt haben verpflichtet, selbst einen Bericht zu erstellen.


Dabei sollte jedoch auch nicht vergessen werden, dass für die ersten drei Jahre nach Inkrafttreten der CSRD (5. Januar 2023), Unternehmen keine Informationen über die Wertschöpfungskette bereitstellen müssen, wenn die notwendigen Daten nicht verfügbar sind („Phase-In“). Denn: Grundsätzlich ist im Rahmen der Berichtserstattung nach ESRS 1-67 die gesamte Wertschöpfungskette zu berücksichtigen. Wird jedoch - wie oben dargestellt - ein vollständig CSRD-konformer Bericht freiwillig erstellt und veröffentlicht, könnte das entsprechende Geschäftsjahr möglicherweise als erstes Berichtsjahr im Sinne der Richtlinie interpretiert werden. Was zur Folge haben könnte, dass die genannten Übergangsfristen und die damit einhergehenden Erleichterungen bereits mit der freiwilligen Berichterstattung wirksam in Anspruch genommen würden. Unternehmen,  sollten dies daher sorgfältig abwägen, bevor sie auf freiwilliger Basis einen CSRD-Bericht erstellen.



Voluntary SME-Standard, VSME


Die Kommission empfiehlt allen Unternehmen, die nicht unter die CSRD fallen, freiwillig auf Basis des VSME zu berichten. Der VSME soll als Obergrenze (Value Chain Cap) für die Wertschöpfungskette dienen und in die CSRD integriert werden. Dadurch soll der Trickle-Down-Effekt , der auf Unternehmen in der Wertschöpfungskette berichtspflichtiger Unternehmen wirkt, abgemildert werden.  Von der Obergrenze ausgeschlossen sind „zusätzliche Nachhaltigkeitsinformationen, die üblicherweise zwischen den Unternehmen des jeweiligen Sektors geteilt werden", sowie Informationen zum „Due-Diligence-Prozess".


Die EU-Kommission ist der Auffassung, dass die ursprünglichen Anforderungen der CSRD gerade für kleinere und mittelständische Unternehmen (KMU) eine erhebliche Belastung auch und insbesondere für deren Wettbewerbsfähigkeit darstellen. Vor diesem Hintergrund wurde der Omnibus-Proposal im Rahmen der EU Competitive Compass Initiative entwickelt.

 

 

Entlastung soll dabei über zwei Hebel gelingen:

 

1. Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung (Sustainability Reporting Simplification Proposal). Purpose, Zweck, den Umfang der Berichtspflichten der CSRD zu reduzieren. Instrumente, konkrete Maßnahmen mittels derer die Wirkung ereicht werden soll, die dabei greifen sollen:

 

Der Schwellenwert für die Berichtspflicht soll von 250 auf über 1.000 Mitarbeitende angehoben werden. Nur Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden wäre demnach künftig vorbehalten einen CSRD-Bericht zu erstellen, sofern sie entweder eine Bilanzsumme von mindestens 25 Millionen Euro und/oder einen Umsatz von über 50 Millionen Euro erzielen.

 

 Nach dem Willen der Kommission soll künftig nicht mehr Rechtsform, sondern die Zahl der Mitarbeitenden das Schlüsselkriterium sein, welches eine Berichtspflicht auslöst. Die Börsennotierung des Unternehmens würde also dabei keine Rolle mehr spielen. Europaweit wären somit nurmehr ein Fünftel der ursprünglich adressierten Unternehmen dann noch berichtspflichtig.

 

Vereinfachung der Berichtspflichten: Die Anzahl der erforderlichen Datenpunkte soll um 25 % reduziert werden, was den Aufwand für Unternehmen deutlich verringert. Insbesondere qualitative Angaben sollen zurückgefahren werden, um den Fokus stärker auf quantitative Informationen zu legen.

 

Auf das ursprünglich anvisierte Ziel, die Prüfungsintensität von „limited Assurance“ auf „reasonable Assurance“ zu erhöhen, soll verzichtet werden. Das für die Nachhaltigkeitsberichterstattung elementare Leitmotiv der doppelten Wesentlichkeit bliebe dagegen von den Anpassungen unberührt.

 

 Streichung sektor-spezifischer Standards. Nach dem Willen der Kommission soll es zudem keine ergänzenden branchenspezifischen Anforderungen oder Angabepflichten geben. Die Absicht innerhalb der ESRS sektor-spezifische Standards zu entwickeln, soll nicht weiter verfolgt werden.

 Auch ein Standard für börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (Listed SME-Standard, LSME) soll nicht mehr eingeführt werden.

 

Wertschöpfungskette: Die Berichtspflichten für Zulieferer innerhalb der Wertschöpfungskette sollen auf einen noch im Detail von der EFRAG zu überarbeitenden, freiwilligen Berichtsstandard (VSME) reduziert werden. Dies soll verhindern, dass große Unternehmen die Berichtspflichten gewissermaßen ungefiltert an kleinere Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette weitergeben und diese so mit übermäßigen Anforderungen an die Datenerhebung belastet würden. Dadurch würde aber der sogenannte Trickle-down-Effekt neutralisiert.


2. „Stop-the-Clock" - Verschiebung des Zeitplans („Stop-the-Clock“ Proposal): Vorab: Die Anforderungen für Unternehmen, die bereits für das Jahr 2024 berichten müssen, bleiben von den Anpassungen unberührt. Es gilt die aktuelle Regulatorik (NFRD). Unternehmen, die über den neuen Schwellenwerten liegen und ursprünglich im Jahr 2026 für das Geschäftsjahr 2025 berichtspflichtig gewesen wären, könnten gemäß Omnibus-Proposal eine Fristverlängerung von zwei Jahren in Anspruch nehmen. Sie müssten folglich erstmals im Jahr 2028 für das Geschäftsjahr 2027 berichten. Unternehmen, die gemäß CSRD in den Jahren 2026 oder 2027 zur Berichterstattung verpflichtet wären, müssten also erst ab 2028 (für das Geschäftsjahr 2027) berichten.


Das Omnibus-Vorschlag zur Vereinfachung der Berichterstattung und Sorgfaltspflichten umfasst aber nicht nur Änderungen für die CSRD, sondern auch Anpassungen für die EU-Taxonomie und die CSDDD. Die wichtigsten von der Kommission angedachten Anpassungen im Überblick:

EU-Taxonomie

 

Neue Schwellenwerte: Nur Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und einem Umsatz von über 450 Millionen € wären verpflichtet, die vollständige EU-Taxonomie-Berichterstattung zu leisten.

 

Überdies soll eine Materialitätsgrenze greifen: Unternehmen können auf Taxonomie-Berichterstattung für solche Aktivitäten verzichten, die weniger als 10 % des Gesamtumsatzes sowie der Investitions- (CapEx) oder Betriebsausgaben (OpEx) ausmachen.

 

Vereinfachte freiwillige Berichterstattung: Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitenden, aber einem Umsatz von weniger als 450 Millionen € (mindestens aber 50 Millionen €) haben die Möglichkeit, ein vereinfachtes Berichtssystem zu wählen („Opt-in“-Ansatz).

 

Überarbeitung der DNSH-Kriterien: Die Vorgaben für das „Do No Significant Harm“ (DNSH)-Prinzip sollen , beginnend mit den Kriterien zur Umweltverschmutzung („Anhang C“) überarbeitet werden.

 

Betriebsausgaben (OpEx): Unternehmen sind nur verpflichtet, Betriebsausgaben offenzulegen, wenn mindestens 25 % ihres Gesamtumsatzes aus taxonomie-fähigen Aktivitäten stammen.

 

Vereinfachte Berichtsformate: Anpassungen an den Vorgaben für die Taxonomie-, Klima- und Umweltberichterstattung führen zu einer Reduzierung des Berichtsaufwands um bis zu 70 %.


Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)

 

Grundsätzlich: Die Umsetzung soll um ein Jahr verschoben werden. D.h. die verpflichtende Anwendung beginnt gemäß dem Vorschlag erst im Jahr 2028 anstatt in  2027, gleichzeitig soll es nur noch zwei Wellen der Umsetzung anstelle von drei geben.

 

Eingeschränkter Zuständigkeitsbereich: Die Sorgfaltspflichten sollen nur noch an direkte Geschäftspartner (Tier 1) innerhalb der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette adressiert werden. Für Indirekte Geschäftspartner ergäbe sich dann die Notwendigkeit zur Überprüfung nur für Fälle, bei denen es konkrete Hinweise auf Verstöße gibt. Dies entspricht der Prüftiefe, wie sie auch im deutschen LKSG fixiert ist.

 

Harmonisierte Haftung entfällt: Die EU-weite zivilrechtliche Haftung wird abgeschafft; stattdessen gelten die nationalen Regelungen.

 

Bußgelder nicht mehr an Umsatz gebunden: Die 5 % -Grenze, bezogen auf den weltweiten Umsatzes und als Richtschnur für die Bemessung möglicher Pönale soll entfallen. Stattdessen würde künftig die Festsetzung der Höhe von Ordnungsstrafen allein im Ermessen der Mitgliedstaaten liegen.

 

„SME Shield“ für kleine Unternehmen: Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitenden sind nur verpflichtet, die reduzierten VSME-Berichtsstandards einzuhalten.

 

Keine Pflicht zur Beendigung von Geschäftsbeziehungen: Unternehmen sollen nicht mehr per se verpflichtet werden, bei festgestellten Verstößen gegen Menschenrechtspositionen innerhalb der Supply Chain, Geschäftsbeziehungen zu beenden, sondern sollen künftig auch über Alternativen nachdenken dürfen. (Beachten Sie hierzu gerne auch unsere Modelle zu alternativen Streitbeilegungsverfahren, die wir Ihnen in diesem Zusammenhang offerieren können)

 

Eingrenzung der Stakeholder nach dem Prinzip der Betroffenheit. Konkret: Nur Mitarbeitende, deren Vertreter sowie tatsächlich direkt betroffene Personen und Gemeinschaften, gelten demzufolge als zu berücksichtigende Stakeholdergruppierung.

 

Überprüfungen nur alle fünf Jahre: Die jährliche Überprüfung der soll entfallen. Unternehmen wären nurmehr gehalten, ihre Sorgfaltspflichten alle fünf Jahre zu bewerten.

 

Frühere Veröffentlichung von Leitlinien: Die Veröffentlichung der allgemeinen EU-Leitlinien zur Umsetzung der CSDDD soll auf den Juli 2026 vorgezogen werden, also sechs Monate früher als ursprünglich geplant.


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CSRD - Berichtspflichten

  • Die CSRD-Richtlinie 2022/2464 der EU ist am 5. Januar 2023 in Kraft getreten
  • Daraus folgt, dass unter bestimmten Bedingungen ab 1. Januar 2025 auch für kleine und mittlere Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter*innen die Nachhaltigkeitsberichterstattung obligatorisch werden könnte.