Die Kunst der Konfliktlösung



Glaubt man einem chinesischem Sprichwort, so lernt man sich erst im Streit kennen. Versteht man dieses Kennenlernen als Drohung, im Sinne von: »sie-werden-mich-kennenlernen« - fallen rasch die Masken, zeigt sich das böse Antlitz der AGGRESSION.

 

Die Zeichen stehen auf KONFRONTATION. Wenn der Ton schärfer, die Worte ausfallend werden, gleicht Sprache einer Waffe. Verletzend, erniedrigend, treffen die Wortsalven wie verbale Geschosse mitunter schwer; zerstören Vertrauen, (Selbst-)Achtung und Beziehungen.

 

Man verliert die Fassung, die Haltung, das Gesicht - und wer die »Arena« als Verlierer verlässt, auch den Konflikt. Doch in Wahrheit gibt es nur Verlierer! Denn wir bringen uns in Stellung, ohne tatsächlich Stellung zu beziehen. Rüsten zu Wortgefechten, ohne Inhalt aber voll Entrüstung, mit offenem Visier und verschlossenem Herzen. Wir behaupten unsere Position, wie auch im Recht zu sein. Und die Gegenseite tut es uns gleich. Ein vertraktes Nullsummenspiel.


Win-Win-Lösung


  MEDIATION - unerwartet anders


MEHR DESSELBEN

 

„Nicht viele menschliche Probleme aber bleiben auf längere Zeit unverändert; sie neigen vielmehr dazu, sich zu verschlimmern und zu eskalieren, wenn keine oder eine falsche Lösung versucht wird,oder ganz besonders dann, wenn mehr einer falschen Lösung angewendet wird.“

 Paul WATZLAWICK,  »Vom Unsinn des Sinns oder vom Sinn des Unsinns«, Wien 1992

 



Das wir uns streiten lässt sich nicht ändern!


 

  • Konflikte sind Ausdruck dafür, dass eine Beziehungsstruktur neu definiert werden muss. Es ist ein Trugschluss zu glauben, Konflikte seien schädlich. So etwas behauptet nur, wer nicht löst, was ihn bindet: seine Konflikte. Und die Moral? Wer sich aus dem Weg geht, tritt sich nicht auf die Füße; dafür aber oft auch schlicht auf der Stelle.

 

 

Wer ständig ein Auge zudrückt, sieht bald nur noch die Hälfte!



Wie wir es tun, durchaus!


Wahrnehmung ist eine Frage der  Perspektive. Von links betrachtet, lassen sich in der nebenstehenden Darstellung vier Bretter zählen. Von rechts hingegen nur drei. Dies ist symptomatisch für die unterschiedliche Betrachtung ein und desselben Streitgegenstandes im Konfliktfall.


  Der Standpunkt  bestimmt die Perspektive.

  Ein Beispiel:


Der Standpunkt bestimmt die Perspektive

  • In einem Aufsatz aus dem Jahr 1988 erzählt Niklas LUHMANN die Anekdote eines Rabbi, dessen Schüler ihn um die Vermittlung in einem Streit bitten. Der erste der Schüler legt seinen Standpunkt dar und begründet ihn. Nach einer kurzen Zeit des Nachdenkens urteilt der Rabbi:    »Du hast Recht.« Darauf ist die Reihe an dem zweiten Schüler. Auch diesem pflichtet der Rabbi bei: »Du hast Recht.« Daraufhin empört sich ein dritter Schüler über die offensichtliche Willkür des Rabbis, beide Auffassungen gleichermaßen für rechtens zu erklären. Dem dritten Schüler entgegnet der Rabbi sodann: »Du hast Recht.« 

Nach Niklas LUHMANN The Third Question: The Creative Use      of  Paradoxes in Law and Legal History, Journal of Law and Society 15, 1988, 153-165, hier S. 153.

 



Tunnelblick


Wir unterscheiden also nicht, weil es (objektiv) Unterschiede gibt, sondern weil unsere Perspektive Unterschiede kreiert. Und daraus folgern wir im Recht zu sein. Untermauert wird unser Standpunkt dann durch das was die Psychologie  »Reaktive Abwertung«  nennt. Ein Verhalten, wonach jeglicher Vorschlag der Gegenpartei per se missbilligt wird. Unabhängig von dessen Plausibilität oder Vernünftigkeit. Auslöser hierfür ist der im Volksmund sogenannte Tunnelblick (in der Sprache der Psychologie = Aufmerksamkeitsverzerrung).



Sachgerecht verhandeln!


MEDIATION - Licht am Ende des Tunnelblicks

 

  • Mediation  sucht bei den Konfliktparteien die Balance zwischen  Selbstbehauptung  (meine Bedürfnisse) und  Gegenseitigkeit  (gemeinsame Bedürfnisse). Im »HARVARD -Konzept«*, dem Standardwerk   effizienter Verhandlungskunst von URY, FISHER & PATTON, wird diese Strategie beschrieben als die Trennung von Sache und Person,  genauer als »sachgerechtes Verhandeln« (principled negotiation) und in der Formel »hart in der Sache, sanft zu den Menschen« treffend pointiert.

 

*URY, FISHER & PATTON, Harvard-Konzept, Sachgerecht verhandeln – erfolgreich verhandeln, 20. Auflage, Frankfurt a.M. 2001, S.30